Fachexkursion: „Regionale Wertschöpfung mit Getreide – erfolgreiche Beispiele aus der Lausitz“
Am 12. November lud AgiL ein zur Fachexkursion „Regionale Wertschöpfung mit Getreide – erfolgreiche Beispiele aus der Lausitz“.
Am 12. November lud AgiL zur Fachexkursion „Regionale Wertschöpfung mit Getreide – erfolgreiche Beispiele aus der Lausitz“ ein. Die Exkursion richtete sich an Fachleute aus Landwirtschaft, Verarbeitung und Regionalvermarktung, die sich für den Aufbau regionaler Partnerschaften oder die Entwicklung regionaler Produkte innerhalb der Wertschöpfungskette Getreide interessieren. Die Teilnehmenden kamen aus Landwirtschafts- und Verarbeitungsbetrieben, Landwirtschaftsämtern, Lehre, Vermarktung sowie aus Dienstleistungsunternehmen.
Im Rahmen der Exkursion besuchten wir drei Beispiele regionaler Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette von Getreide. Anhand dieser Beispiele diskutierten wir Fragen der Teilnehmenden zum Aufbau von Wertschöpfungsketten.
Angefangen in der Rätze-Mühle, einer handwerklichen Bio-Mühle mit Mühlenladen folgten wir dem Weg des Mehls in die regionale Backstube der Landbäckerei Gerber. Dort verkosteten wir Produkte – gebacken aus alten Getreidesorten. Die Exkursion rundeten wir auf dem Bauernhof Ladusch, Landwirtschaftsbetrieb und Bildungsort, ab. Unterwegs machten wir außerdem Halt am Modellacker „Dubina“ des Sachsenforstes, wo wir alte Getreidesorten im Anbau besichtigten.
Vom Erhalt alter Getreidesorten zur erfolgreichen Regionalvermarktung
Der Anbau alter Getreidesorten hat im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft eine lange Tradition. Diese Tradition belebt Eva Lehmann von der Biosphärenreservatsverwaltung gemeinsam mit derzeit 9 Partnerbetrieben auf über 200 ha erfolgreich wieder. Eine Herausforderung dabei sind Mindererträge von rund 20 % gegenüber Hochertragssorten. Die Projektbeteiligten sind sich jedoch einig: Die Wiedereinführung und der Erhalt alter regionaler Getreidesorten stellen eine geeignete Nutzungsform für die ertragsarmen Lausitzer Sandböden mit rund 25 Bodenpunkten dar.
Neben den Vorteilen für Natur und Biodiversität und dem Erhalt alter Sorten sollen die landwirtschaftlichen Flächen im Biosphärenreservat aber auch der Nahrungsmittelproduktion dienen. Will man mit den ernährungsphysiologisch interessanten alten Getreidesorten in der Vermarktung erfolgreich sein, so ist dies oft nur über einen Mehrpreis gegenüber herkömmlichen Backwaren möglich. Dieser wird bedingt durch die genannten Mindererträge, schwankende Qualität, bürokratische Hürden bei der Verarbeitung in Kleinbetrieben und aufwändigere Verarbeitungsprozesse bei der handwerklichen Herstellung der Backwaren. Die handwerkliche Verarbeitung der Mehle kann aber auch als Chance für die alten Sorten gesehen werden. Handwerksbäckereien können nämlich ihre Produktionsprozesse individuell an die Eigenschaften der Mehle und die schwankenden Qualitäten anpassen.
Direktvermarktung von Getreide über die Region hinaus
Handwerksbäckereien, wie die Bäckerei Gerber, vermarkten regional, meist an Stammkundschaft, die die Qualität zu schätzen weiß. Sie bieten aber zunehmend auch den Versand von Spezialitäten wie Stollen und anderem Gebäck an. Die geringe regionale Kaufkraft erschwert die Vermarktung handwerklich hergestellter Produkte aus alten Getreidesorten. Daher erscheint es sinnvoll, zusätzliche Vermarktungswege in Ballungszentren wie Dresden, Leipzig oder Chemnitz sowie den Online-Handel zu erschließen. Darauf setzt seit kurzem auch die Rätze-Mühle in Spittwitz und versendet ihre Mehle mit wachsendem Erfolg deutschlandweit.
Die Praxisbeispiele der Exkursion machten deutlich, dass Regionalvermarktung mit Spezialitäten wie alten Getreidesorten gut funktioniert. Bei geringer Kaufkraft in der Region stößt sie aber gleichzeitig an ihre Grenzen. Daher scheint es eine erfolgversprechende Strategie zu sein, parallel zur Regionalvermarktung einen Online-Handel aufzubauen, um weitere Kundengruppen zu erreichen.
Damit nicht jeder Betrieb an einer eigenen digitalen Lösung arbeiten muss und ein unübersichtlicher Dschungel an Online-Shops entsteht, arbeiten unterschiedliche Akteur:innen in Sachsen bereits an kooperativen, digitalen Lösungen zur Vermarktung regionaler Produkte.